Mikrobiologischer-Parodontitis-Test: Untersuchung zur Bestimmung der Leitkeime für die Diagnostik und Behandlung der Parodontitis
Parodontitis ist eine weit verbreitete Erkrankung des Zahnhalteapparates, die unbehandelt zum Zahnverlust führen kann. Neben mechanischer Reinigung spielt die mikrobiologische Diagnostik eine entscheidende Rolle für eine zielgerichtete Behandlung. In diesem Artikel erfahren Sie, was ein Mikrobiologischer-Parodontitis-Test auch als Leitkeimen-Test ist, wie er durchgeführt wird und welche Bedeutung die Bestimmung der Leitkeime für die Therapie hat. Zudem klären wir, ob und in welchen Fällen die Kosten für den Parodontitis-Test von Krankenkassen übernommen werden.
Inhalt
Die mikrobiologische Untersuchung bei Parodontitis
Warum ist die Bestimmung der Leitkeime wichtig?
Wie wird der Mikrobiologische-Parodontitis-Test durchgeführt?
Behandlung der Parodontitis auf Basis der Testergebnisse
Wird der Leitkeime-Test von den Krankenkassen übernommen?
Häufige gestellte Fragen zur Mikrobiologischer-Parodonbtitis-Test
Was ist eine mikrobiologische Untersuchung bei Parodontitis?
Die mikrobiologische Untersuchung dient dazu, die spezifischen Bakterien, die Parodontitis verursachen, zu identifizieren. Diese sogenannten Leitkeime sind bei jedem Patienten unterschiedlich ausgeprägt, weshalb eine individuelle Diagnostik notwendig ist. Der Mikrobiologische-Parodontitis-Test (MiBi-Test), ermöglicht es, die schädlichsten Keime zu bestimmen und die Behandlung der Parodontitis entsprechend anzupassen.
„Die mikrobiologische Diagnostik ist der Schlüssel zu einer modernen Parodontitis-Therapie. Nur wer weiß, welche Keime das Problem verursachen, kann gezielt und erfolgreich behandeln.“– Dr. Dana Graves, Direktor der Poliklinik für Parodontologie, Penn State University
Warum ist die Bestimmung der Leitkeime wichtig?

Nicht jede Parodontitis verläuft gleich, da sie von verschiedenen bakteriellen Erregern ausgelöst wird. Besonders aggressive Keime wie Aggregatibacter actinomycetemcomitans oder Porphyromonas gingivalis können den Krankheitsverlauf verschlimmern.
👉 Durch die Identifikation dieser Bakterien kann der Zahnarzt gezielt therapeutische Maßnahmen ergreifen, um die Keimbelastung zu reduzieren. Dies hilft nicht nur, den Behandlungserfolg zu verbessern, sondern kann eine gezielte Behandlung mit Antibiotika unterstützen.
„Bei bestimmten aggressiven Parodontitis-Formen oder bei therapieresistenten Verlaufsformen sind zusätzliche antibakterielle Maßnahmen zur Verringerung der beteiligten Bakterien sinnvoll. Sollen Antibiotika eingesetzt werden, ist die Kenntnis des Erregerspektrums eine wichtige Voraussetzung für die Auswahl eines geeigneten Wirkstoffes.“– Arbeitsgemeinschaft Zahngesundheit (agz-rnk.de)
Wie wird der Mikrobiologische-Parodontitis-Test durchgeführt?

Entnahme der Probe
Die Probenentnahme erfolgt direkt in der Zahnarztpraxis und ist unkompliziert und komplett schmerzfrei:
- Mit sterilen Papierstäbchen wird eine Probe aus den Zahnfleischtaschen entnommen.
- Der Vorgang ist schmerzfrei und dauert nur wenige Minuten.
- Es ist keine spezielle Vorbereitung durch den Patienten notwendig.
Analyse im Labor
Nach der Entnahme wird die Probe an ein spezialisiertes Labor geschickt. Dort erfolgt eine Molekularbiologische-Analyse zur genauen Identifikation der Leitkeimen. Die Auswertung dauert in der Regel wenige Tage. Basierend auf den Ergebnissen kann der Zahnarzt eine individuell abgestimmte Behandlung empfehlen.
🦷 Mikrobiologischer Laborbefund eines Parodontitis-Diagnostiktests
Das folgende Bild zeigt eine Tabelle mit 11 getestete Bakterienspezies mit farblicher Einteilung in „Roter Komplex“, „Oranger Komplex“, „Weitere Komplexe“, „Standortflora“ und „Superinfektion“. Die Resultatspalte gibt an, ob ein Erreger molekular nachgewiesen wurde und in welcher Menge: von „nicht nachgewiesen“ bis „+++ massenhaft“. Tannerella forsythia, Fusobacterium spp., Peptostreptococcus micros und Capnocytophaga spp. wurden massenhaft nachgewiesen. Treponema denticola war reichlich vorhanden. Weitere Erreger wurden nicht oder nur vereinzelt festgestellt.
Eine grafische Balkenskala veranschaulicht die Keimkonzentration in logarithmischen Stufen (>10³ bis >10⁶). Klinische Angaben: Nichtraucher, Parodontitis Stadium III, Grad B, Sondierungstiefe 6 mm, keine Antibiotika-Unverträglichkeit angegeben.

Die Anzahl der mitzubestimmenden Keime kann zwischen 5 und 11 variieren. Je höher die zu bestimmende Anzahl an Leitkeimen ist, desto präziser ist das Ergebnis. Eine genauere Bestimmung ermöglicht eine gezieltere Therapie, da spezifische Bakterien exakt identifiziert und entsprechende Behandlungsmaßnahmen individuell abgestimmt werden können.
Eine höhere Anzahl analysierter Keime kann somit entscheidend dazu beitragen, die Effektivität der Therapie zu maximieren und das Risiko eines Wiederauftretens der Erkrankung zu verringern.
Behandlung der Parodontitis auf Basis der Testergebnisse
Sobald die Testergebnisse vorliegen, wird die Parodontitis-Therapie gezielt angepasst. Dazu gehören:
- Gezielter Einsatz von Antibiotika bei aggressiven Keimen.
- Intensive mechanische Reinigung, wie z. B. eine professionelle Zahnreinigung oder die geschlossene Parodontitisbehandlung.
- Unterstützende Maßnahmen wie antiseptische Mundspülungen oder Lasertherapie.
💊 Beispielhaft Sehen Sie hier ein Antibiogramm eines mikrobiologischen Tests mit Übersicht über die Empfindlichkeit von Bakterien gegenüber verschiedenen Antibiotika
Das folgende Bild listet eine Tabelle aus der täglichen Praxis mit acht Antibiotika (u. a. Amoxicillin, Doxycyclin, Clindamycin, Azithromycin) und deren Wirkung (sensibel oder resistent) gegenüber den Bakterienstämmen 2, 4, 7, 8, 10 und 11 aus dem Laborbefund auf. Die meisten Erreger sind gegenüber den getesteten Antibiotika sensibel (S*), einige jedoch resistent gegenüber Clindamycin und Metronidazol (R*). Ein Hinweis auf den „Roten Handbrief“ besteht bei Ciprofloxacin (#).
Darunter folgen Therapieempfehlungen:
1. Wahl: Amoxicillin + Clavulansäure (z. B. 3× täglich 500/125 mg über 10 Tage).
2. Wahl: Azithromycin (z. B. 1× 500 mg am 1. Tag, danach 1× 250 mg vom 2.–5. Tag oder 1× 500 mg über 3 Tage).
Zusätzlich sind systemische Alternativen aufgeführt, z. B. Kombinationen mit Metronidazol, Clindamycin oder Ciprofloxacin, inklusive Dosierungsempfehlungen.

Einsatz von Antibiotika bei der Parodontitis-Behandlung
Je nach identifizierten Keimen können unterschiedliche Antibiotika eingesetzt werden:
- Amoxicillin: Breitbandantibiotikum, das häufig in Kombination mit Metronidazol verabreicht wird. Es wirkt gegen eine Vielzahl von Bakterien und wird oft bei schweren Verläufen empfohlen. Eine unverbindliche Einnahmeempfehlung liegt oft bei 500 mg dreimal täglich über 7 bis 10 Tage.
- Metronidazol: Besonders wirksam gegen anaerobe Bakterien wie Porphyromonas gingivalis oder Prevotella intermedia. Oft in Kombination mit Amoxicillin verordnet. Eine häufige Dosierung könnte 400 mg dreimal täglich für 7 Tage betragen.
- Azithromycin: Alternative für Patienten mit Penicillin-Allergie. Wirkt insbesondere gegen bestimmte gramnegative Bakterien. Es wird oft in einer Dosierung von 500 mg einmal täglich für 3 Tage verabreicht.
Die Einnahme von Antibiotika sollte stets nach Absprache mit dem behandelnden Zahnarzt erfolgen, da individuelle Faktoren wie Allergien, Resistenzen oder Vorerkrankungen berücksichtigt werden müssen.
Kostenübernahme durch Krankenkassen: Wer zahlt den Mikrobiologischer-Parodontitis-Test?

Gesetzliche Krankenkassen
Die gesetzliche Krankenkassen übernehmen die Kosten für den MiBI-Test nicht, da er als individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) eingestuft wird.
Private Krankenversicherung
Viele private Krankenversicherungen erstatten die Kosten für den MiBi-Test, insbesondere wenn eine medizinische Notwendigkeit besteht. Patienten sollten vor der Behandlung klären, ob ihr Tarif diese Leistung abdeckt.
Selbstzahler-Option
Die Kosten für eine mikrobiologische Untersuchung variieren zwischen 80 und 160 Euro, abhängig von der Anzahl der getesteten Bakterien. Auch wenn keine Erstattung erfolgt, kann sich die Investition lohnen, da eine gezielte Behandlung oft nachhaltigere Erfolge erzielt.
FAQ – Häufig gestellte Fragen zur mikrobiologischen Test bei Parodontitis
1. Für wen ist ein Parodontitis-Leitkeimen-Test sinnvoll?
Ein Parodontitis-Leitkeimen-Test ist vor allem für Patienten mit fortgeschrittener oder wiederkehrender Parodontitis sinnvoll, insbesondere wenn klassische Behandlungen bisher nicht den gewünschten Erfolg gebracht haben. Auch bei aggressiven Verlaufsformen oder Risikopatienten (z. B. mit Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen) kann der Test helfen, die Therapie gezielt zu steuern.
2. Tut die Probenentnahme weh?
Nein, die Entnahme der Probe ist schmerzfrei. Mit kleinen, sterilen Papierstreifen wird Material aus den Zahnfleischtaschen entnommen – ganz ohne Spritze oder Bohrer. Der Vorgang dauert nur wenige Minuten.
3. Muss ich vor dem Test etwas beachten?
In der Regel ist keine besondere Vorbereitung nötig. Ihren Zahnarzt oder Ihre Zahnärztin wird Sie ggf. bitten, vor dem Termin auf Zähneputzen oder Mundspülungen zu verzichten, um das Ergebnis nicht zu verfälschen. Genauere Hinweise erhalten Sie während des Vorgesprächs.
4. Wird der Leitkeimen-Test von der Krankenkasse bezahlt?
Gesetzliche Krankenkassen übernehmen die Kosten für den MiBi-Test grundsätzlich nicht – auch nicht auf Antrag. Der Test zählt zu den sogenannten individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) und muss in der Regel vom Patienten selbst getragen werden. Bei privaten Krankenversicherungen hängt die Erstattung vom gewählten Tarif ab.
5. Wie lange dauert es, bis ich das Testergebnis bekomme?
Nach der Probenentnahme dauert es in der Regel 3 bis 5 Werktage, bis die Laboranalyse abgeschlossen ist. Wir informieren Sie dann über die Ergebnisse und werden gemeinsam mit Ihnen die passende Therapie besprechen.
Fazit: Wann ist die Ermittlung der Leitkeime sinnvoll?
Ein Mikrobiologischer-Parodontitis-Test ist besonders sinnvoll für:
- Patienten mit wiederkehrender oder aggressiver Parodontitis.
- Personen, bei denen bisherige Therapien nicht den gewünschten Erfolg gebracht haben.
- Patienten mit erhöhtem Risiko für Zahnverlust oder systemische Erkrankungen.
Die mikrobiologische Untersuchung bietet eine wertvolle Grundlage für eine effektive Parodontitis-Behandlung. Wer sich über die eigenen Leitkeime informieren möchte, sollte mit dem Zahnarzt über die Möglichkeiten eines MiBi-Tests sprechen.
Zuletzt aktualisiert am 7. April 2025 von COS Zahnärzte